Standortland: |
Standortland
Schweiz
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Ort: |
Ort Zürich |
Bibliothek / Sammlung: |
Bibliothek / Sammlung
Braginsky Collection
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Signatur: | Signatur K114 |
Handschriftentitel: | Handschriftentitel Ketubba (כתובה) |
Schlagzeile: | Schlagzeile Papier · 1 f. · 36.7 x 51.8 cm · Shanghai · 12. Januar 1947 |
Sprache: |
Sprache
Chinesisch |
Kurzcharakterisierung: | Kurzcharakterisierung Das Heiratsversprechen zwischen Wilhelm Goldstein und Paula See in Shanghai wird vor den beiden Zeugen Max Neumann und Gustav Lehmann und Bernhard Cohn, dem Anwalt der „Jüdische[n] Gemeinde. Communal Association of Central European Jews. Shanghai“ in chinesischer Schrift bezeugt. Im Unterschied zu den anderen Hochzeitsverträgen der Braginsky Collection handelt es sich hier nicht um ein jüdisch-religiöses Schriftstück, sondern um ein amtliches Dokument, das das Jawort eines aus den deutschsprachigen Ländern vor der Verfolgung geflüchteten Paares festhält. In Shanghai haben rund 18‘000 Juden den Holocaust überlebt. |
DOI (Digital Object Identifier): | DOI (Digital Object Identifier 10.5076/e-codices-bc-k-0114 (http://dx.doi.org/10.5076/e-codices-bc-k-0114) |
Permalink: | Permalink https://e-codices.unifr.ch./de/list/one/bc/k-0114 |
IIIF Manifest URL: |
IIIF Manifest URL
https://e-codices.unifr.ch./metadata/iiif/bc-k-0114/manifest.json
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Wie zitieren: | Wie zitieren Zürich, Braginsky Collection, K114: Ketubba (כתובה) (https://e-codices.unifr.ch./de/list/one/bc/k-0114). |
Online seit: | Online seit 12.12.2019 |
Rechte: | Rechte Bilder:
(Hinsichtlich aller anderen Rechte, siehe die jeweilige Handschriftenbeschreibung und unsere Nutzungsbestimmungen) |
Dokumenttyp: |
Dokumenttyp
Dokument |
Jahrhundert: |
Jahrhundert
20. Jahrhundert |
Datiert: |
Datiert
1947 |
Dekoration: |
Dekoration
Figürlich, Deckfarbenmalerei, Rand, Ornamental |
Liturgica hebraica: |
Liturgica hebraica
Ketubbah |
e-codices · 10.09.2019, 09:55:14
«Mit der Unterzeichnung der Hochzeitsurkunde werden die beiden Familien [der Brautleute] vereinigt, und damit wird für immer ein fester Knoten zwischen den zwei zueinander gehörenden Personen geknüpft. Am Tag der Vereinigung sind die Pfirsichblüten voll erblüht, ein gutes Vorzeichen dafür, dass die Verheirateten in Harmonie und Glückseligkeit leben werden. Die neue Familie wird sich bald entwickeln, sie wird gedeihen und im Glanz erstrahlen. Wir haben den Schwur ewiger partnerschaftlicher Gemeinschaft zu Papier gebracht, damit er für immer im Buch der im Himmel gestifteten Ehen verzechet sei.»
In blumigen, zugleich formelhaften Wendungen – im Januar ist es auch im Süden Chinas noch zu kalt für die Pfirsichblüte – wird 1947 in chinesischer Sprache und Schrift das Heiratsversprechen zwischen Wilhelm Goldstein und Paula See in Schanghai vor Bernhard Cohn, dem Anwalt der «Jüdische[n] Gemeinde. Communal Association of Central European Jews. Shanghai» dokumentiert. Trauzeugen sind Max Neumann und Gustav Lehmann. Im Unterschied zu den anderen Hochzeitsverträgen der Braginsky Collection handelt es sich hier nicht um ein jüdisch-religiöses Schriftstück, sondern um ein amtliches Dokument, das das Jawort eines aus den deutschsprachigen Ländern vor der Verfolgung geflüchteten Paares festhält. Für religiöse Ehepaare stellte die jüdische Gemeinde auch noch eine traditionelle Ketubba aus. Der Bräutigam, 41 Jahre alt, stammte aus Österreich, die vier Jahre jüngere Braut kam aus der Tschechoslowakei. Wie aus einer Liste der gemeldeten Ausländer vom Sommer 1944 hervorgeht, übte der Mann in Shanghai den Beruf eines Schlossers aus. Die Frau war Schneiderin in einem dem vielen Modesalons des Ghettos.
Die anmutige Gestalt der Urkunde mit ihrer Bordüre aus Phantasievögeln und Drachendarstellungen sowie dem Dekor des Mittelteils aus Zweigen, Seerosen und Mandarinenten täuscht über die harte Realität der aus dem deutschen Machtbereich in die «Vertragshafenstadt» Shanghai geflohenen Juden hinweg. Bei der Trauung waren ausschliesslich Juden mit deutschen Namen zugegen. In Shanghai herrschte kein Visumszwang und für die Einreise waren weder polizeiliche Zeugnisse noch Bürgschaftserklärungen oder finanzielle Unbedenklichkeitsbescheinigungen erforderlich. Rund 18'000 Juden nutzten diese Möglichkeit bis Ende 1939 zur Flucht. Im Februar 1943 errichteten die japanischen Besatzer im Stadtteil Hongkou für die jüdischen Zuwanderer ein Ghetto, offiziell «designated area» genannt. Trotz erheblichen Drucks von Seiten ihrer deutschen Kriegsverbündeten lieferten die Japaner die jüdischen Flüchtlinge nicht an das nationalsozialistische Deutschland aus.
Die Brautleute gehärten nicht zu den prominenten Flüchtlingen, sondern eher zu Schicht der kleinen Leute, die in der qualvollen Enge und den Drangsalen des Ghettos ihr Überleben meistern mussten. Nach der Befreiung verliefen Rückführung und Ausreise der jüdischen Shanghai-Flüchtlinge nur schleppend, so dass sich im Januar 1947 dort immer noch etwa 12'500 aufhielten. Darunter waren auch die Brautleute, die sich, wie es in der Urkunde heisst, «um zehn Uhr am zwölften Januar im sechsundreissigsten Jahr der chinesischen Republik» im Büro der jüdischen Gemeinde in der Tangshan Road 22 einfanden, um den Bund der Ehe zu schliessen. Sie wollten ihr Leben trotz weiterhin ungesicherter Zukunft gemeinsam gestalten. Der feierliche Akt der Eheschliessung «musste nach den damals geltenden chinesischen Vorschriften bei offener Türe in einem von der Strasse aus zugänglichen Raum vorgenommen werden, so dass jeder Bürger, wenn er wollte, an der Trauungszeremonie teilnehmen konnte» (Hugo Burkhard).
Schöne Seiten. Jüdische Schriftkultur aus der Braginsky Collection, Hrsg. von Emile Schrijver und Falk Wiesemann, Zürich 2011, S. 228-229.
Schöne Seiten. Jüdische Schriftkultur aus der Braginsky Collection, Hrsg. von Emile Schrijver und Falk Wiesemann, Zürich 2011, S. 228-229.