Kurzcharakterisierung:Marcus Annaeus Lucanus (39-65 n.Chr.), De bello civili (auch: Pharsalia). Versepos über die Kämpfe zwischen Pompeius und Caesar in den Jahren 48 bis 45 vor Christus um die Macht im römischen Staat. Abschrift mit einigen wenigen kolorierten Federzeichnungen.(smu)
Standardbeschreibung: Euw Anton von, Die St. Galler Buchkunst vom 8. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, Band I: Textband, St. Gallen 2008 (Monasterium Sancti Galli, Bd. 3), S. 504-505, Nr. 146.
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Online seit: 12.06.2006
St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 863
Pergament · 270 pp. · 22.5 x 16.3 cm · Reichenau (wahrscheinlich) · zweites Viertel des 11. Jahrhundert
Pharsalia libri decem
Wie zitieren:
St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 863, p. 89 – Pharsalia libri decem (https://www.e-codices.ch/de/list/one/csg/0863)
Euw Anton von, Die St. Galler Buchkunst vom 8. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, Band I: Textband, St. Gallen 2008 (Monasterium Sancti Galli, Bd. 3), S. 504-505, Nr. 146.
Handschriftentitel: Lukan: Pharsalia libri decem
Entstehungsort: Wahrscheinlich Reichenau
Entstehungszeit: 3. Viertel d. 11. Jh.
Katalognummer:
146
Umfang:
270 pp.
Format: 22,5 x 16,3 cm
Lagenstruktur:
Zumeist Quaternionen
Seiteneinrichtung:
Schriftspiegel 16,5 x 11 cm, einspaltig zu 30 Zeilen.
Schrift und Hände: karolingische Minuskel von mehreren Schreibern
Buchschmuck:
Zu den Anfängen der Bücher zwei Initialen in Minium, die übrigen Minium-Majuskeln. Federzeichnungen in brauner Tinte, partiell Minium u. Gelb.
(p. 77)
ganzseitige Federzeichnung der Schlacht von Marseille, von oben nach unten: Reitergruppe nach links, Fußvolk nach rechts ausschreitend; Angriff des Fußvolkes auf ein Schiff am Strand; Schlacht vor einer Stadtmauer, rechts Wehrturm; Fußvolk zieht gegen ein auf das Land zusteuerndes Schiff mit Segel u. Besatzung; rechts außen im Meer eine Stadt
(p. 78)
Federzeichnung einer Stadt mit offenem Tor, darin ein Turm
(p. 79-105)
Lib. IIII. A(t procul extremis), Initiale in Minium mit Pfeilspitzen u. Knollenblättertrieben
(p. 270)
ursprünglich leer, Federzeichnung oben Ritter zu Pferd (überstempelt), unten Ritter zu Pferd (13./14. Jh.).
Entstehung der Handschrift:
Eine zweite Hs. der Pharsalia aus dem 11. Jh. besitzt St. Gallen in Sang. 864, jedoch unvollständig (Buch I-VII, p. 119-267). Das berühmte, im Mittelalter viel gelesene Epos Lukans (39-65) über das Bellum civile (Bürgerkrieg zwischen Pompeius u. Caesar) wurde entsprechend oft kommentiert. Die Zeichnungen in Sang. 863 sind wie die Glossen Bildkommentare, die den Inhalt des Textes verbildlichen (p. 79[77] Schlacht von Massilia). Lukan streut in sein Epos zahlreiche Exkurse geographischer, ethnographischer u. naturwissenschaftlicher Natur ein. Der Kommentator antwortet darauf p. 230 mit einer Weltkarte, um dem Leser die Position von Afrika zu verbildlichen, in dem sich Cato im IX. Buch befindet. Ebenso verhält es sich mit der Zonenkarte auf p. 234. Beide Karten sind gewissermaßen aus Macrobius-Kommentaren zu Ciceros Somnium Scipionis auf Lukan übertragen.
Die Hs. wurde zumeist (Scherrer, Bruckner, Schmuki) in das 10. Jh. datiert, doch dürfte die Schrift, die Züge der «Schrägovalen» annimmt, eher dem 11. Jh. angehören u. nicht st.gallisch, sondern reichenauisch sein. Entsprechend verhält es sich mit der einzigen beurteilbaren Initiale A(t procul) p. 79b zum III. Buch. Mit ihren Pfeilspitzen u. Knochengelenken gleichenden Seitentrieben steht sie in der ottonischen Reichenauer Tradition. Ich nehme an, die Hs. sei ein Reichenauer Importstück aus dem 2. Viertel d. 11. Jh., der Kommentar mit den Zeichnungen könnte im 3. Viertel in St. Gallen hinzugekommen sein.