St. Gallen, Kantonsbibliothek, Vadianische Sammlung, VadSlg Ms. 343d
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Beschreibung für e-codices von Rudolf Gamper, Freia Odermatt und Monika Studer, Kantonsbibliothek St. Gallen, Vadianische Sammlung, St. Gallen 2009.

Titolo del codice: Historienbibel, Neues Testament
Luogo di origine: Hagenau
Datazione: Mitte des 15. Jahrhunderts
Supporto materiale: Papier. Wasserzeichen: Ochsenkopf Wasserzeichenkartei Nr. 76379 (1455), weitere Formen nicht bei Piccard, finden sich auch in VadSlg Ms. 343c; Anker Wasserzeichenkartei Nr. 117653 (1458); Ergänzungen bei der Reparatur des frühen 17. Jhs.: Wasserzeichen Bär und Dogge, Fredi Hächler, St. Galler Wasserzeichen. Findbuch, St. Gallen 2007 zugehörig zur Gruppe B503–B505 (1614/15), Bl. 116 Bär ähnlich Typ C214 (1609).
Dimensioni: 124 Blätter
Formato: 38,5–39 x 27 cm.
Numerazione delle pagine: Neuere Foliierung I–IV. 1–120.
Composizione dei fascicoli: Die Doppelblätter bestehen aus je zwei Einzelblättern, die im Falz durch Papierstreifen verbunden sind, bei der Restaurierung teilweise verändert. II4 + 5 IV44 + (IV+1)53 + (III+1)60 + 3 IV84 + (IV-1)91 + (IV+1)100 + III106 + IV114 + I116. Lagenzählung A1, A2 etc.- P8, P9 mit Bleistift, vermutlich aus der Reparatur des frühen 17. Jhs.
Condizione: Bl. 53 , 57 und 100 einzeln angeklebt, vor Bl. 88 ein Blatt herausgerissen, vor Bl. 110, 113 und 115 fehlen ein oder mehrere Blätter, Bild- und Textverlust. Bei zahlreichen Blättern Ecken herausgerissen oder -geschnitten, ausgebessert beim Einbinden im 16./17. Jh. und in der Restaurierung von 1991, auf Bl. 23 , 52, 113, 114, 116 dadurch geringer Textverlust; Risse im Papier, grössere Risse geflickt, z.B. Bl. 103, einige Risse früher genäht, z.B. Bl. 48, 93, 114r. Teilweise stark verschmutzt.
Disposizione della pagina: Begrenzung des Schriftspiegels Bl. 1–5 (Register) Tintenlinien, ab Bl. 7 Blindlinien; Schriftraum Bl. 1–5 (Register) 27–27,5 x 16,5, 2spaltig (7–7,5), 32–37 Zeilen, ab Bl. 7 26–27,5 x 17, 2spaltig (7), 30–35 Zeilen.
Tipo di scrittura e mani: Buchkursive von einer Hand.
Decorazione:
  • Rubriziert, Kapitelzählung und Überschriften rot, 3–5zeilige Lombarden in Rot und Blau.
  • 6r halbseitige rot-blau ornamental gespaltene Initiale mit reichem Fleuronné in rosa, braun und gelb.
  • Auf der obersten oder untersten Zeile gelegentlich Kadellen. 47 meist ganzseitige lavierte Federzeichnungen in Braun, Rot, Rosa, Gelb, Blau, Grün, Grau, Orange; ikonografische Beschreibung in der Tabelle unten verzeichnet, vgl. Rapp S. 259–264 und Saurma-Jeltsch 2001, S. 104f. Weitere Federzeichnungen befanden sich auf den fehlenden Blättern.
Aggiunte: Korrekturen und Nachträge: Im Register zahlreiche zeitgenössische Korrekturen, im Text vereinzelte, z.B. 65rb, 76rb. 24v Korrektur auf eingeklebtem Papierstück, 15. Jh. 5ra, 5rb, 73r Federproben. Auf der herausgerissenen Seite vor 88r Notiz des Restaurators.
Legatura: Pergamenteinband des 16./17. Jhs., restauriert 1991. Streicheisenlinien. Blauer Schnitt. Titelschild auf dem Rücken, teilweise abgerissen: Bibl. H[istorien (?)] Teutsch geschriben […] Neue Schliessbänder aus Leder. Alte (IIIV, 117119) und neue (I, 120) Vorsatzblätter, Papier. Das erste Blatt des Vorsatzes vorne und das letzte Blatt des Vorsatzes hinten sind in den Deckel geklebt. Bei der Restaurierung wurden die 1–2,5 cm breiten und meistens 38 cm langen Papierstreifen im Falz herausgelöst, mehrheitlich Urkundenfragmente, 15. Jh., der Rest aus Papierhss. des 15. Jhs. Sie werden unter VadSlg Ms. 343 Fragmente aufbewahrt.
Lingua principale: Mundart: elsässisch.
Contenuto:
  • IrIv leer.
  • IIr Bleistiftnotizen, sonst leer.
  • IIv Besitzeintrag Jakob Studer.
  • IIIrIVv leer.
  • 1ra5rb Register >Hie hebet sich an des bůches capittel und saget von dem leben unser lieben frǒwen und irs lieben kindes und ist die nuwe e mit den figuren gemolet<
  • 6ra116vb Historienbibel, NT
    Filiazione: Gruppe lb
    >Hie vohet sich an die nuwe e und saget von dem leben unser lieben frowen und irs lieben kindes und ist mit den figuren gemolet< Maria můter edele küsche maget …–… verloren lot werden. Das uns das alles widervaren müsse das verlihe uns der Vatter Sün und der heylige Geist. Amen.
    Prosaauflösung des ‚Marienlebens‘ von Bruder Philipp; Hardo Hilg, Das ‚Marienleben‘ des Heinrich von St. Gallen. Text und Untersuchung, München 1981 (Münchner Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 75), S. 409. Grössere Textlücken: vor 88va fehlt ein Blatt (Kapitel 15–16), vor 110ra ein Blatt (Kapitel 161), vor 113ra mehrere Blätter (Kapitel 162–167), vor 115ra mehrere Blätter (Kapitel 173–176).
    Bildliste
    • 5v Kreuzigung mit Johannes und Maria [kein Titel]
      Der blutüberströmte Christus am Kreuz schaut nach rechts unten zu Johannes, der in einem roten Gewand und mit gefalteten Händen hoch blickt; links steht in hellblauem Mantel und mit gekreuzten Händen Maria.
    • 9r Verkündigung an Joachim V. Also ein engel zů Joachim in die wüste kam das er in solte trösten und ime sagen das er solte ein kint gewynnen von eynem kusse und solte heissen Maria und wie der engel frǒwe Anna ouch troste und ir die mere ouch verkündet
      Von oben links aus einer Wolke fliegt der Engel Raphael mit ausgebreiteten Flügeln und vorgestreckten Armen auf Joachim zu. Joachim stützt sich auf einen Hirtenstab und treibt drei Schafe vor sich her; der Blick ist dem Engel zugewandt.
    • 10v Begegnung an der Goldenen Pforte VII. Also die frǒwe Anna under der güldin porten sasß und sü iren man dörther sach kommen und er sü kußte under der güldin porten
      Anna und Joachim stehen hinter dem weit geöffneten goldenen Tor und umfangen einander.
    • 12v Tempelgang Marias (Maria im Tempel) X. Also Maria in den tempel geoppferet wart
      Joachim und Anna stehen links vor dem Tempel, der als stufenförmiger, roter Bau gezeichnet ist, wo oben ein Altar platziert ist, auf dem ein geöffnetes Buch liegt und zwei Kerzenständer stehen. Maria, laut Text achzig Tage alt, gezeichnet jedoch als älteres Mädchen mit langem, blondem Haar, steht betend auf einer der unteren Treppenstufen.
    • 13v Tempelgang Marias XII. Das Maria in dem dritten jor wart gefüret zů künig Salomonis tempel und sü selber die fünffzehen staffelen uff ging on füren in ir kintheit und jugent
      Das Mädchen Maria erklimmt ohne Hilfe der Eltern die Stufen zum Altar und bringt das Opfer mit eigener Hand dar. Auf dem Altar liegt u.a. ein Lamm. Joachim und Anna stehen links vor der Treppe und blicken zu ihrer Tochter. Zwei Priester beobachten das Geschehen von der Rückseite des Altars aus.
    • 15v Marias Empfang im Tempel XIIII. Wie Maria in den tempel empfangen wart mit zwölf megden
      Die (laut Text) siebenjährige Maria steht vor dem Altar, um sie sieben Mädchen. Je ein Priester steht auf der linken und auf der rechten Seite der Gruppe.
    • 19v Maria und ihre Freier XVIII. Also die priester Mariam die jüngeling zöügetent die umb sü wurbent und wie sü in wider antworte
      Maria steht mit abwehrend vor der Brust gekreuzten Armen vor zwei Priestern, im Hintergrund steht ein Altar mit einer Kerze. Der eine Priester ist Maria zugewandt und weist mit ausgestrecktem Zeigefinger auf den rechts aussen stehenden Freier, der andere blickt zu diesem und berührt Maria leicht mit der rechten Hand.
    • 23r Joseph kommt zum Tempel XXIIII. Als Joseph zů dem tempel kam gevaren mit siner gerten
      Joseph kommt von rechts aussen her auf zwei Priester zu, die vor einem Altar stehen; mit der Linken hält Joseph einen geschulterten Stab, die offene Rechte bietet er dem näherstehenden Priester zum Gruss.
    • 26r Ein Engel tröstet Maria XXIX. Also ein engel zů Mariam kam und sü troste in irem leide das sü hette do man ir wolte einen man geben
      Ein rotflügliger Engel fliegt von oben links aus einer Wolke auf Maria zu, den einen Arm zu ihr vorgestreckt, den anderen angewinkelt; Maria in blauem Gewand und mit langem, blondem Haar kniet betend im Gras und schaut zu ihm empor.
    • 28r Verkündigung XXXI. Also der engel Gabriel Mariam die bottschafft brochte do von sü gott enpfing
      Maria kniet links im Bild mit vor der Brust gekreuzten Armen vor einem Altar, auf dem ein aufgeschlagenen Buch liegt. Sie blickt nach rechts zum gelb gekleideten Engel, der vor ihr im Gras kniet und ein Spruchband mit den Worten „ave maria gratia plena dominus“ in der Linken hält, während er mit der Rechten auf Maria weist. Eine nimbierte Taube fliegt geradewegs auf Marias Kopf zu; hinter dem Engel steht ein Krug mit Blumen, vermutlich Lilien.
    • 32r Geburt Christi XXXVI. Das gott wart geboren von der reinen maget Marie vor der statt under einem berge in einer hülen etc.
      Vor einer Hütte, in die ein Esel und ein Ochse von hinten ihre Köpfe strecken, liegt nackt auf dem Stroh das Jesuskind mit einem roten Nimbus; vor ihm kniet betend Maria in der Bildmitte, Joseph mit grauem Haar und Bart kniet hinter ihr.
    • 35r Vision des Kaisers Augustus XLIII. Von der megde die dem keyser an dem hymel erschein in einem sternen mit irem kinde
      In einer Burg steht der gekrönte, rot gekleidete Augustus, der sich mit der rechten Hand vor Blendung schützt und so zum Himmel hoch blickt, wo er in einem umwölkten, strahlenden Stern Maria mit ihrem Kind erschaut.
    • 36v Die Krone über der Stadt Rom XLV. Von der cronen die ob Rome der statt erschein uff die nacht do gott geboren wart
      Über der Stadt Rom, die durch eine beidseitig mit einem Wachturm beschlossene Stadtmauer angedeutet ist, hinter der sich einige Gebäude befinden, schwebt eine grosse, goldene, mit roten Steinen verzierte Krone.
    • 38r Beschneidung XLVIII. Also Jhesus in dem tempel beschnitten wart nach dem geseczde der juden
      Das nackte Jesuskind liegt auf dem Schoss eines Priesters, zusätzlich festgehalten von zwei weiteren Priestern in grünem Gewand. Zwei rotgekleidete, kniende Priester haben eben den Ritus vollzogen; der eine hält in der Rechten noch das Messer, der andere fängt in einer Schale das Blut auf. Im Hintergrund befindet sich ein Altar, auf dem zwei Kerzenständer stehen.
    • 40r Anbetung der heiligen drei Könige LI. Also die lieben heyligen dryg künige zů Mariam und irem kinde komen und ime ir oppfer brochten
      Vor einer Hütte, in deren Giebel ein roter Stern prangt, sitzt Maria, das nackte Jesuskind auf dem Schoss, hinter ihr steht Joseph. Die drei Könige kommen von rechts auf die heilige Familie zu. Der erste kniet im Gras, hat seine Krone niedergelegt und hält dem Kind das Geschenk hin; dieses streckt seine Hände danach aus. Die beiden anderen Könige tragen ebenfalls ihre Gaben und schauen sich an, während der eine mit ausgestrecktem Arm nach vorne weist.
    • 42r Bethlehemitischer Kindermord LIII. Also Herodes alle kinde hieß döten in sinem lande das knaben waren die under zwey joren worent
      Zwei Männer in der Mitte des Bildes halten je ein nacktes, blutendes Kind mit der einen Hand, während sie mit der anderen ein langes Messer führen. Die Mütter der Kinder sind an den beiden Bildrändern zu sehen: Die eine sitzt im Gras und streckt die Arme nach ihrem Kind aus, die andere blickt mit Entsetzen auf die Mörder und ringt ihre erhobenen Hände über dem Kopf.
    • 45r Der heiligen Familie auf der Flucht begegnen Räuber LVIII. Von den schechern die Joseph und Maria und ir kint vingen
      Maria reitet mit dem nackten Kind auf dem Schoss auf einem Esel, den Joseph am Zügel führt. Zwei bewaffnete Räuber kommen ihnen von rechts entgegen; der vordere greift nach Joseph. Die rotbraune Zeichnung hinter dem Esel stellt einen später in die Szene gemalten Ochsen dar.
    • 48r Ein Engel tröstet die heilige Familie auf der Flucht LX. Also ein engel kam uff dem wege und Joseph troste
      Maria reitet mit dem nackten Kind auf dem Schoss auf einem Esel, den Joseph am Zügel führt. Ein Engel mit rot-grünen Flügeln fliegt mit vorgestreckten Armen auf Joseph zu, der zu ihm hochblickt. Der Blick des Kindes ist ebenfalls empor gerichtet, während Maria nach vorne schaut. Im Hintergrund ist der Ochse zu sehen.
    • 49r Jesus und die Dämonen LXII. Wie die tüfel uß den bǒm uff Jhesum růfftent
      Die heilige Familie sitzt unter einem Baum; rechts Maria mit dem nackten Jesuskind auf dem Schoss, links Joseph, Blick und Gestik auf seine Frau hin ausgerichtet. Der Esel und der Ochse liegen hinter Joseph im Gras. In der Baumkrone turnen drei affenartige, gehörnte Wesen.
    • 51r Vision des Herzogs Afrodosius LXVI. Das der hertzog Eufrodisius Mariam und ir kint vant by dem tempel siczen uff dem steyn
      Links im Bild steht ein mit einem Riegel verschlossenes Gebäude, davor der Herzog in einem pelzgesäumten, roten Mantel. Vor ihm sitzt Maria mit dem nackten Jesuskind auf dem Schoss und schaut zum Herzog, im Hintergrund steht Joseph.
    • 53r Maria und der nahtlose Rock; der Jesusknabe mit einem Vogel in der Hand LXVII. Also Maria irem sün ein rocke machte
      Maria sitzt auf einer Steinbank, einen braunen Stoff über die Knie gebreitet. Sie blickt nieder zu ihrem Sohn, der links von ihr im Gras sitzt und zu ihr hochschaut. Der nackte Knabe hält in seiner linken Hand einen Vogel, mit seiner rechten weist er auf Maria. Im Hintergrund stehen zwei blühende Bäume.
    • 55r Jesus führt Maria trockene Fusses über einen Bach LXXI. Also Jhesus sin můtter drucken durch ein bach fůrte
      In der Bildmitte ist durch eine gestreifte blassblaue Fläche mit einem Fisch ein Gewässer angedeutet. Der kleine Jesus überquert ihn von rechts nach links und blickt zurück zu seiner Mutter, die ihn an der Hand hält und ihm nachschreitet. Hinterher kommt Joseph; zu sehen sind ausserdem die Hinterteile vom Ochsen und dem Esel.
    • 56v Maria begleitet Jesus zur Schule LXXIIII. Also Maria iren sün zů schůlen fůrte
      In der Bildmitte steht Maria, die zu ihren Sohn zurückblickt, den sie an der Hand hält. Mit der anderen Hand weist sie auf das geschlossene Schulgebäude rechts im Bild. Das Jesuskind hält eine Schreibtafel mit einigen Buchstaben in seiner freien rechten Hand und schaut zu seiner Mutter hoch.
    • 57v Joseph erweckt einen Toten LXXV. Als Joseph hieß einen toten uff ston von dem grabe
      Joseph steht rechts im Bild an einem offenen Grab und reicht seine linke Hand einem unbekleideten Mann, der sich eben in seinem Grab aufgerichtet hat und dessen Oberkörper zu sehen ist.
    • 59v Jesus erweckt ein totes Kind LXXVIIII. Also Ihesus ein todt kint lebendig machte
      Jesus steht in der Bildmitte, links und rechts von ihm je zwei weitere Kinder. Er reicht einem ganz links aussen, halb liegenden Knaben, der die Augen geschlossen hält, die rechte Hand, mit der linken zeigt er auf ihn, wobei seine Finger den Segensgestus machen. Die drei anderen Kinder blicken auf Jesus.
    • 61r Jesus hilft Joseph bei der Feldarbeit LXXXI. Also Joseph zů acker ging und Jhesus korn segete
      Joseph reitet mit erhobener Peitsche auf einem Esel, der eine Egge zieht. Hinter ihm steht Jesus mit einem Beutel über den Schultern und verstreut Saatgut.
    • 66r Taufe Jesu LXXXVI. Also Ihesus in dem Jordan von sancto Johanne getöuffet wart und darnach ving an zů predigen und seite die geschrifft der alten büchern
      In der Bildmitte stellt eine mit Wellenlinien versehene Vertiefung im grünen Gras den Jordan dar; darin steht Jesus, die Hände vor der Brust zusammengelegt und nur mit einem Lendentuch bekleidet. Links von ihm steht ein rotflügliger Engel in gelbem Kleid, der den Rock von Jesus trägt; rechts steht Johannes, den Arm weit anhebend, um einen Krug über Jesu Kopf zu kehren.
    • 68v Jesus und die Ehebrecherin LXXXXI. Hie fůrten die juden ein frǒwen die hette ir e gebrochen für Christum das er sü urteylen sollte. Do schreib Christus mit einem vinger in die erden iegliches sünde und sprach wer on sünde sige hie der mag den ersten stein wol an sü werffen. Do fluhen sü ye einer nach dem andern heimlichen von Christo
      In der rechten Bildhälfte steht Jesus, der mit der rechten Hand auf die in den Boden gezeichneten Schrift „wer do w“ weist und mit der linken auf eine rotgewandete Frau zeigt, die die Hände unter der Brust kreuzt. Ein Wächter tritt hinter der Frau hervor, sie nicht aus den Augen lassend.
    • 70r Jesus predigt auf dem Wasser LXXXXIII. Hie fůr Christus uff dem wasser gon Nazareth und predigete uff dem wasser dem volcke wann das volcke dett ime zů gedrang uff dem land und do er gepredigete do vischetent sin junger
      In einem Boot steht rechts aussen Jesus mit zwei Jüngern im Hintergrund. Auf der linken Seite des Bootes sitzen vier Männer, die dem predigenden Jesus zuhören; ein fünfter ganz links hält das Ruder.
    • 71v Tod Josephs LXXXXV. Also starp Joseph und Maria clagete in gar sere
      Bis zu den Achseln zugedeckt liegt Joseph mit geschlossenen Augen in einem Bett, das auf einer Wiese steht. Maria steht hinter dem Bett, die Hände im Gebet zusammengelegt und auf Joseph nieder blickend; sie trägt einen Schleier. Neben ihr steht eine weitere Frau mit vor der Brust gekreuzten Armen.
    • 73r Salbung in Bethanien LXXXXVI. Hie sasß Cristus zů tische by einem pharaseyen hieß Symeon und do sü ossen. Do kam Maria Magdalena und wůsch Cristo sin füsse vor dem tische und truckenete im sin füsse mit irem hore
      Jesus sitzt mit zwei Jüngern zu seiner Linken und drei zur Rechten an der Längsseite eines Tisches; im Vordergrund rechts sitzt Simeon. Maria Magdalena liegt bäuchlings am Boden, mit den Hände ihre Haare auf Christi Füsse legend.
    • 77v Petrus und der Zinsgroschen CII. Also sanct Peter zwen pfennig in einem vische vant
      Hinter einem kleinen Tisch, auf dem zwei Fische liegen, steht Petrus, rechts neben ihm ein Jünger, am oberen Kopfende Christus. Petrus hält in der Rechten ein Messer und in der Linken eine Münze, die er einem von rechts kommenden Zöllner zustreckt, der einen Geldbeutel in der Hand hat.
    • 80r Einzug in Jerusalem, Zacchäus sitzt auf einem Baum CV. Also unser herre uff einem esel zů Jherusalem kam und enpfangen wart mit palmen
      Das Bild zeigt nicht wie im Titulus angegeben den Empfang von Jesus in Jerusalem, sondern sein Einreiten in die Stadt. Ganz links im Bild ist das Stadttor Jerusalems; ein Mann tritt durch das offene Tor heraus und legt einen roten Teppich aus für Christus, der auf einem Esel von drei Jüngern begleitet von rechts her einreitet. Auf einem Baum im Hintergrund sitzt Zacchäus.
    • 82v Abendmahl CVIIII. Also Ihesus mit sinen jungern das nacht mol asß
      Christus steht hinter einem für das Abendmahl zugerichteten Tisch, links und rechts von ihm stehen Jünger. Am Tischende links im Bild sitzt Judas mit einer umgehängten Geldtasche und als einziger ohne Nimbus.
    • 84r Ölberg CXI. Also Jhesus an dem berge blůtigen sweiß switzete und in die juden vingent
      Christus kniet mit betend erhobenen, zusammengelegten Händen und empor gerichtetem Blick im Gras und wendet sich einer Anhöhe zu, auf der ein Kelch mit einem Kreuz steht. Blutstropfen fallen von Jesu Gesicht und laufen über sein Kleid. Im Hintergrund knien drei Jünger, die sich von Christus abgewandt haben; zwei schlafen.
    • 85r Gefangennahme (Judaskuss), Ohr des Malchus CXII. Also Jhesus gefangen und gebunden wart
      Christus, dessen Gesicht und Kleider mit Blutstropfen bedeckt sind, steht in der Bildmitte. Von vorne rechts tritt Judas, mit einem Geldbeutel auf dem Rücken, an ihn heran und umarmt und küsst ihn. Im Hintergrund stehen zwei behelmte und bewaffnete Männer; ein Mann rechts aussen mit einer Lanze streckt Christus die Zunge raus. Links unten kauert in einem roten Rock Malchus, von dessen rechter Gesichtshälfte Blut fliesst; hinter ihm steht Petrus mit dem Schwert. Malchus blickt hoch zu Christus, der in seiner linken Hand das Ohr hält, das Petrus ihm abgeschlagen hat.
    • 86v Christus vor Pilatus CXIIII. Also Jhesus zů Pylato wart gefüret und gegeyselt
      Pilatus, einen (Richter-)Stab geschultert, sitzt auf einen Steinthron rechts im Bild. Der blutüberströmte Christus wird von links von drei Männern herangeführt.
    • 87r herausgerissene Miniatur der Geisselung Christi (nach Saurma-Jeltsch 2001, S. 105)
    • 88r Kreuztragung CXVII. Also Ihesus das crütze můste tragen zů der martel
      Der blutüberströmte Christus schreitet im Bildvordergrund nach rechts; er beugt sich unter der Last des geschulterten Kreuzes. Fünf teilweise bewaffnete Soldaten mit kämpferisch erhobenen Händen schreiten neben und vor ihm; der Vorderste hält das Seil in der Linken, mit dem Christus gebunden ist. Maria und Johannes stehen im Hintergrund; links unten kniet Simon, der mit der Rechten den Längsbalken des Kreuzes hält.
    • 91r Kreuzannagelung CXXIII. Also Jhesus an das crütz wart genegelt
      Christus, blutüberströmt und nur mit einem Lendentuch bekleidet, wird von drei Männern ans halb aufgerichtete Kreuz genagelt, ein dritter hält ein ihm um die Hüfte geschlungenes Seil. Im Bildhintergrund links stehen Maria und Johannes, rechts ein Hauptmann mit fellbesetztem Mantel und Hut.
    • 95r Kreuzigung CXXX. Das Leginus unsern herren in sin siten stach mit eym sper
      In der Mitte des Bildes hängt der blutüberströmte, nur mit einem Lendentuch bekleidete Christus am Kreuz. Links von ihm steht Maria, die Hände über der Brust verschränkt; rechts steht Johannes. Hinter Maria steht Longinus, der mit seiner Lanze in Christi Seite sticht, wobei einige Blutstropfen in sein Auge fallen. Vom rechten Bildrand her kommt ein Hauptmann, über ihm ein Spruchband mit den Worten: fere filius dei erat.
    • 96v Grablegung CXXXIII. Also Ihesus in das grap wart geleyt
      Zwei Männer und Maria legen den Leichnam Christi in einen offenen Steinsarg; im Hintergrund steht Maria Magdalena mit dem Salbentopf, die sich mit ihrem Mantel die Tränen vom Gesicht wischt.
    • 98v Auferstehung [CXXXVIII.] Also unser herre erstunt an dem österlichen tage und siner můter erscheyn
      Christus steigt mit blutenden Stigmata aus dem verschlossenen Steinsarg, ein Fuss ist bereits draussen. In der linken Hand hält er eine Siegesfahne, mit der rechten zeigt er nach links, wohin auch sein Blick geht. Links und rechts vor dem Grab sitzen je ein schlafender Wächter.
    • 100v Die drei Frauen am Grab CXLIII. Also Jhesus den dryen Marien erscheyn
      Im Bildvordergrund steht der Steinsarg, auf dessen Deckplatte links ein Engel sitzt und rechts das blutbesprengte Grabtuch ausgebreitet liegt. Hinter dem Grab stehen die drei Marien mit Salbenbüchsen in den Händen.
    • 102v Himmelfahrt CXLVI. Also unser herre zů hymel fůr
      Im Bildzentrum ist ein Bergkegel mit den Fussabdrücken Christi auf der Spitze. Von Christus sind nur noch die in einer Wolke verschwindenden Füsse und der Rocksaum zu sehen. Um den Berg kniet eine Schar von Jüngern, im Vordergrund Maria und Johannes.
    • 104r Pfingsten CXLIX. Von der zůkunfft des heiligen geistes
      Hinter Burgzinnen unter einem Torbogen stehen Jünger, im Bildzentrum Maria. Eine weisse Taube mit einem Nimbus kommt von oben auf die Frau herab, von ihr gehen rote Strahlen zu den Köpfen der übrigen aus.
    • 111r Wunder beim Leichenzug Marias CLXII. Also unser frǒwe wart getragen uff einer boren durch Jherusalem und wolt ein jude die bore umbziehen do wart er lam und alle die judien die sú anerurten
      Eine grosse Zahl nimbierter Männer tragen den aufgebahrten, mit einem roten Tuch bedeckten Leichnam Marias. Zwei Juden begleiten im Bildvordergrund dem Zug. Der eine berührt eben die Bahre, woraufhin seine Hand schlapp nach unten fällt, der andere ist zu Boden gestürzt.
    • 116r Krönung Marias [Titulus zerstört] Im Bildzentrum sitzt Maria, links neben ihr Christus mit einer Siegesfahne und rechts Gottvater; die beiden setzten Maria eine goldene Krone auf. Von oben fliegt die nimbierte Taube auf Maria zu. Im Bildhintergrund musizieren zwei Engel.
Origine del manoscritto: Aus der Werkstatt des Diebold Lauber in Hagenau; zum Maler Hans Ott vgl. Rapp, S. 127–129.
Provenienza del manoscritto: IIr J. Studer dono dedit N° 10.
Acquisizione del manoscritto: 1615 an die städtische Bibliothek, im Donatorenbuch VadSlg Ms. 10, 20r unter Teutsche geschribne Büecher aufgeführt: N° 10. Der ander theil derselbigen Bibel VadSlg Ms. 343c in fol. Im Katalog der Handschriften von 1649 (VadSlg Ms. 8a), 2r A 3 in folio. Teutscher Bibel mit figuren, ander theil, auf papier. 1r und 116v Stempelder Vadian. Bibliothek.
Bibliografia:
  • Gustav Scherer, Verzeichniss der Manuscripte und Incunabeln der Vadianischen Bibliothek in St. Gallen, St. Gallen S. 98f.;
  • Rudolf Kautzsch, Diebolt Lauber und seine Werkstatt in Hagenau, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen 12 (1895), S. 1–32, 57–112;
  • Hans Vollmer, Niederdeutsche Historienbibeln und andere Bibelbearbeitungen, Berlin 1916 (Materialien zur Bibelgeschichte und religiösen Volkskunde des Mittelalters I,2), S. 85–87;
  • Hans Rott, Quellen und Forschungen zur südwestdeutschen und schweizerischen Kunstgeschichte im XV. und XVI. Jahrhundert, Bd. 3, Der Oberrhein: Bd. 3.1 Quellen, Stuttgart 1936, S. 195f., Bd. 3.2, Text, Stuttgart 1938, S. 51f.;
  • Astrid Stedje, Die Nürnberger Historienbibel. Textkritische Studien zur handschriftlichen Überlieferung mit einer Ausgabe des Weidener Fragments, Hamburg 1968, S. 105f.;
  • Robert L. Wyss, Die Handarbeiten der Maria. Eine ikonographische Studie, in: Artes minores. FS Werner Abegg, Bern 1973, S. 113–188, zur Hs. S. 180f.;
  • Christoph Gerhardt, Artikel Historienbibeln, in: Verfasserlexikon2, Bd. 4 (1983), Sp. 67–75;
  • Lieselotte E. Stamm, Buchmalerei in Serie: Zur Frühgeschichte der Vervielfältigungskunst, in: Zak 40 (1983), S. 128–135;
  • Peter Wegelin, Kostbarkeiten aus der Vadiana St. Gallen in Wort und Bild, St. Gallen 1987;
  • Ute V. Bloh, Die illustrierten Historienbibeln, Bern 1993 (Vestigia Bibliae 13/14), S. 266–268;
  • Andrea Rapp, Bücher gar hübsch gemolt. Studien zur Werkstatt Diebold Laubers am Beispiel der Prosabearbeitung von Bruder Philipps ‚Marienleben‘ in den Historienbibeln IIa und Ib, Bern et al. 1998 (Vestigia Bibliae, Bd. 18), S. 83–86, 127–129;
  • Die Karlsruher Passion: ein Hauptwerk. Strassburger Malerei der Spätgotik. Ausstellungskatalog, Stuttgart 1996, S. 228f., Abb. S. 198;
  • Buchmalerei im Bodenseeraum, Friedrichshafen 1997, S. 309f., KO 70;
  • Liselotte E. Saurma-Jeltsch, Spätformen mittelalterlicher Buchherstellung, Bd. 2, Wiesbaden 2001, Nr. 70, S. 104f.;
  • Rudolf Gamper, Gertraud Gamper, Fredi Hächler, Sum Jacobi Studeri Sangallensis. Die Sammlung des bibliophilen Kaufmanns Jakob Studer (1574–1622) in der Vadiana, St. Gallen 2001, S. 24–26, 48f.;
  • Lieselotte E. Saurma-Jeltsch, Pietät und Prestige im Spätmittelalter. Die Bilder in der Historienbibel der Solothurner Familie von Staal, Basel 2008, S. 375.
  • Ulrike Bodemann, Historienbibeln, München 2008 (Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften des Mittelalters, Bd. 7, 1/2), S. 32-35.