St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 727
Lenz Philipp / Ortelli Stefania, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen, Bd. 3: Abt. V: Codices 670-749: Iuridica; Kanonisches, römisches und germanisches Recht, Wiesbaden 2014, S. 240-242.
Titre du manuscrit: : Collectio capitularium · : Collectio capitularium
Origine: Reims
Période: 3. Viertel 9. Jh.
Ancienne Cote:
D.n. 96
Support: Pergament
Volume:
A–B + 256 Seiten. Buchblock 128 Blätter.
Format: 31 x 21
Numérotation des pages: Paginierung I.v.A. A–B, 1–256.
Composition des cahiers:
IV256. Zeitgenössische Lagenzählung (wohl dieselbe Tinte wie Korrekturen) am Lagenende unten Mitte: I (p. 16)– XVI (p. 256).
Etat: Pergament, gelegentliche Risse mit weissem und grünem Faden vernäht (p. 33/34, 77/78, 163/164), Blattränder z. T. beschädigt durch Nagetiere, so p. 17/18, 81–84, 97/98, 209/210, 255/256 (immer zu Lagenbeginn oder am Lagenende!), p. 1–4 und hinteres Spiegelblatt beschädigt durch Mikroorganismen/Insekten, durchgehend mit braunen Flecken an den Rändern, z. T. bis an den Schriftraum. Am Ende der Hs. Lagen- bzw. Textverlust nicht auszuschliessen.
Mise en page:
Schriftraum einspaltig, 22,5–24 × 13,5–14,5, 30–31 Zeilen, p. 182–192 oberste Zeile leer gelassen, Blindlinierung, Zirkellöcher am äusseren Blattrand.
Type d'écritures et copistes:
Karolingische Minuskel, nach Bischoff aus der Zeit Erzbischof Hinkmars von Reims (845–882), nach Devisse zwischen 850 und 865, wohl von einer Hand, in brauner Tinte.
Décoration:
p. 2 Incipit in brauner, p. 129 und 241 in roter Capitalis Rustica, p. 33–64, 129–136, 139, 142–146, 150–160, 241–256 Incipit, Explicit und Kapitelüberschriften rot, sonst ausgespart und nicht geschrieben, zu Kapitelbeginn Majuskel.
Ajouts:
Reliure:
- Einband des 9.–12. Jh. Leder (Wild) auf Holz (Eiche), Lederbezug spröde und schadhaft, auf dem Vorderdeckel um ca. 5 cm beschnitten, defektes Leder auf dem Rücken z.T. mit Nägeln befestigt. Spuren von 2 Ösenverschlüssen (Adler BV.2.1.2), sichtbar sind 2 Löcher von Dornen in der Hinterdeckelkante und 2 Aussparungen am Rand des Vorderdeckels. 1 Ösenschliesse (Adler BV.2.1.2) mit einfachem Dorn (1a) in der Hinterdeckelkante, mit Öse aus doppeltem Blech, eingelassenem neuerem Lederriemen (BV.8b) und aufgenageltem Gegenblech an der Vorderdeckelkante. Rückentitel längsseits von oben nach unten <...L>eges Karoli et <...>. Karolingische Deckelverbindung. Heftung auf 4 doppelte Kordeln. Verlängerte Kapitale je mit kleinem halbrundem Kapitalläppchen, Kapitaleinlage und anscheinend doppelter Umwicklung, beide defekt. Nicht mehr verwendete Heftstellen einer früheren Heftung sichtbar, z. B. p. 40/41, 88/89 unter dem heutigen Heftfaden, ebenso mindestens ein »tacket« (aus gedrehtem Pergament?), sichtbar zu Lagenbeginn p. 49 und in der Lagenmitte p. 56/57, ca. 7,5 bzw. 8,5 cm von unten.
- Vorderes Spiegelblatt (vor p. A) und Vorsatzblatt (p. A/B) sind ein später aufgeklebtes papierenes Doppelblatt des 18./19. Jh., darauf klebt ein beschädigter Papierzettel mit unlesbarer Inhaltsangabe. Hinteres Spiegelblatt aus altem Pergament mit Federprobe und späterem Eintrag, durch Mikroorganismen/Insekten beschädigt. Leichte Restaurierung 1984 (Rietmann).
Sommaire:
-
1-106
Collectio capitularium
-
(1-106)
Prolog, Liber I–IV mit jeweils vorangestellten Praefatiuncula und Capitula, Appendix I–II [durchgezählt] und III.
>In Christi nomine incipiunt capitula episcoporum … <
Dominante per saecula …–…
iussione dare precipiant.
CSLMA Auct. Galliae 1, ANSE 1. Ed. MGH Cap. N.S. 1, S. 431–681, mit dieser Hs. (= Sg3), dazu S. 146–147, 261 (zur Klasse C2 gehörig); Ed. der althochdeutschen Wörter: Heinrich Hattemer, Denkmahle des Mittelalters, Bd. 1, St. Gallen 1844, S. 390–398. Kéry, Canonical Collections, S. 92–100, diese Hs. S. 96.
-
(1-106)
Prolog, Liber I–IV mit jeweils vorangestellten Praefatiuncula und Capitula, Appendix I–II [durchgezählt] und III.
>In Christi nomine incipiunt capitula episcoporum … <
Dominante per saecula …–…
iussione dare precipiant.
-
106-256
Collectio capitularium (I-II, c. 101)
-
(106-256)
Prolog [darunter 14 Verse zu Beginn], Liber I–II [wie üblich gezählt als V–VI in Fortsetzung der Libri I–IV des Ansegisus)], bis und mit c. 101 [gezählt als C, da c. 45 nicht gezählt wurde], mit jeweils vorangestellten Capitula [I, c. 1–405, II, c. 1–436].
Quattuor explicitis lector venerande …–…
gremio canonice reddatur.
Kapitelende am unteren Seitenrand; unklar ob ursprüngliches Textende der Hs. oder Textverlust.
Ed. Étienne Baluze, Capitularia regum Francorum, T. 1, Paris 1677, Sp. 801–904, mit dieser Hs.; MGH LL 2,2, S. 39–78, Z. 58, diese Hs. erwähnt S. 17; neue Edition der MGH, mit dieser Hs. (=Sg3, der Klasse 2 zugehörig), abrufbar unter: http://www.benedictus.mgh.de/handschriften/sg3_1t.htm (31.10.2023). Emil Seckel, Benedictus Levita decurtatus et excerptus. Eine Studie zu den Handschriften der falschen Kapitularien, in: Festschrift Heinrich Brunner, München 1914, S. 377–464, diese Hs. S. 385 und 461; MGH Cap. N.S. 1, S. 146; Kéry, Canonical Collections, S. 117–122, diese Hs. S. 119.
-
(106-256)
Prolog [darunter 14 Verse zu Beginn], Liber I–II [wie üblich gezählt als V–VI in Fortsetzung der Libri I–IV des Ansegisus)], bis und mit c. 101 [gezählt als C, da c. 45 nicht gezählt wurde], mit jeweils vorangestellten Capitula [I, c. 1–405, II, c. 1–436].
Quattuor explicitis lector venerande …–…
gremio canonice reddatur.
Kapitelende am unteren Seitenrand; unklar ob ursprüngliches Textende der Hs. oder Textverlust.
Origine du manuscrit: Nach Devisse mit Verweis auf Bischoff in Reims geschrieben.
Acquisition du manuscrit:
- Marginalien von Joachim von Watt weisen auf das Kloster St. Gallen als Bibliotheksheimat hin. Gemäss Johannes Rütiners Diarium (1529–1539) hat Joachim von Watt für eine Geschichte der Kirche die Hs. durchgesehen und daraus Notizen genommen (Ed. Rüsch, I 505). Es handelt sich um das für Frühling 1544 geplante, aber nie vollendete Werk »De quatuor Christianismi aetatibus« (vgl. Näf).
- Stempel D. B. von 1553–1564 (p. 5, 106). Diese Hs. wurde von Melchior Goldast (1576–1635) kollationiert (in Vat. Reg. lat. 850), zudem laut einer Notiz von Ildefons von Arx in Cod. Sang. 728, p. 2, 1673 dem französischen Minister Colbert zuhanden von Étienne Baluze nach Frankreich ausgeliehen, der p. 1 am oberen Seitenrand eine Inhaltsangabe anbrachte: In hoc volumine … Steph. Baluzius. Alte Signatur Pius Kolb p. 1: D.n. 96.
Bibliographie:
- Mordek, Bibliotheca, S. 664–665 (Lit.).
- Zur Hs. allgemein: Jean Devisse, Hincmar et la loi (= Université de Dakar, Faculté des Lettres et Sciences Humaines, Publications de la Sec- tion d’Histoire 5), Dakar 1962, S. 64–65, 69;
- MGH Cap. N.S. 1, zur Hs. (= Sg3) S. 146–147, 261.
- Zur Schrift: Bischoff, Handschriftenarchiv 4.51: »Schöne Hs. der Reimser Schreibschule unter Hinkmar«;
- vgl. Frederick M. Carey, The Scriptorium of Reims during the Archbishopric of Hincmar (845–882 A.D.), in: Leslie Webber Jones (Hg.), Classical and Mediaeval Studies in Honor of Edward Kennard Rand, New York 1938, S. 41–60, bes. S. 48–49;
- Bischoff, Paläographie, S. 157, Anm. 30;
- Bischoff, Katalog, Nr. 5838.
- Zur Benutzung der Hs. und zur Bibliotheksheimat: ÉtienneE Baluze (Hg.), Capitularia regum Francorum, T. 1, Paris 1677, Praefatio §LXXII;
- Weidmann, Geschichte, S. 58–59, Anm. 169;
- Werner Näf, Vadian und seine Stadt St. Gallen, Bd. 2, St. Gallen 1957, S. 386, Anm. 88, S. 390–391;
- Hertenstein, Joachim von Watt, S. 19–39, diese Hs. S. 38 (Vadian), 145–146 (Goldast);
- Ernst G. Rüsch (Hg.), Johannes Rütiner: Diarium 1529–1539, 5 Bde., St. Gallen 1996, Textband 1, 505 (S. 273): »... cuius exemplar [Vadianus] repperit scriptum horrendae vetustitatis in bibliotheca nostra. Perlegit eum collexitque quae ad hanc rem attinent.« Im nicht strikt chronologischen Diarium (vgl. Kommentarband, S. 36–37) befindet sich der Eintrag zwischen solchen, die als spätestes Datum das Jahr 1534 angeben;
- Christian Sieber, Begegnung auf Distanz – Tschudi und Vadian, in: Katharina Koller-Weiss, Christian Sieber (Hg.), Aegidius Tschudi und seine Zeit, Basel 2002, S. 110–121, bes. S. 114, Anm. 21;
- Schmucki, Beschäftigung mit juristischen Handschriften, S. 429, 433, 435, 436.
- Rietmann, Restaurierungsbericht;
- Szirmai, Dokumentation.